Der Frühling ist da und alles blüht auf. Jeder Gedanke an den Winter ist weit weg, und das ist auch gut so. Aber wer ernsthaft einen vielseitigen Selbstversorgergarten betreibt, wird sich, im grünen Klee sitzend und mit Hummel-Gesumm im Ohr, gerade jetzt einmal in die kalte Jahreszeit versetzen: Wenn in diesem Augenblick November wäre, was würde ich alles ernten wollen oder im Keller haben? Mehr Kartoffeln: Gemäß dem alten Spruch „Pflanz mich im April, komm ich, wann ich will; pflanz mich im Mai, komm i’ glei’“ werden alle mittelfrühen Kartoffelsorten, jetzt gepflanzt, bis Ende September noch gut ausreifen. Bei Wurzelgemüse wie Möhren und Pastinaken gibt es bewährte Sorten, die etwas langsamer reifen und bei guter Pflege und ausreichendem Reihenabstand (40 cm Reihenabstand, 4 cm in der Reihe bei Möhren, 10 cm bei Pastinaken) bis in den Herbst zu stattlichen, gut lagerfähigen Rüben heranwachsen. Besonders gute Lagersorten sind die Möhre Rodelika, eine nach Geschmack selektierte Biozüchtung, und die Pastinake Halblange Weiße.
Rote Bete zur Lagerung wird ebenfalls jetzt im Mai ausgesät und später eventuell noch vereinzelt. Alle Wurzelgemüse brauchen einen tief mit der Grabegabel gelockerten Boden, der nur mild mit Kompost oder sanftem organischen Dünger verbessert sein soll und möglichst keinen frischen Mist enthalten darf. Ein schönes und einfach zu ziehendes Gemüse ist der Grünkohl. Vor etwa 200 Jahren das Hauptgemüse im norddeutschen Hausgarten, zwischendurch verschmäht und jetzt wieder in Mode, kommt dieser palmenförmig wachsende, gefiederte Kohl mit etwas ärmeren Böden besser zurecht als seine Kopfkohl-Verwandten. Die klassischen Grünkohlsorten lässt man wachsen bis zum ersten Frost und erntet dann die Blätter von außen her ab. Der Palmkohl Nero di Toscana hingegen ist zart genug, um schon im Spätsommer in den Kochtopf oder in den schicken Grünkohl-Smoothie zu wandern. Unsere beliebteste Sorte, Lerchenzungen, ist bläulich grün mit stark gekraustem Blatt. Und unter der mannshohen Ostfriesischen Palme lassen sich fast schon Poolpartys feiern …
Grünkohl kann man im Mai direkt ins Freiland säen, in ein schön feinkrümeliges, vor Schnecken geschütztes Beet. Die kleinen Pflänzchen lassen sich, wenn es im Anzuchtbeet zu eng wird, gut auf die benötigten 40 x 40 cm verpflanzen. Dann braucht auch der Grünkohl eine stärkere Düngung und freut sich über Hackdurchgänge, Mulch und Brennnesseljauche. Eine Mischkultur empfiehlt sich mit Tomaten, Sellerie und Koriander. Den lästigen Befall mit weißen Fliegen kann man durch Auflage eines engmaschigen Kulturschutznetzes verhindern.
Weniger verbreitet ist bei uns der schon oben erwähnte Anbau von Stangenbohnen zum Auskernen. Wenn man bedenkt, dass sie nicht viel Platz wegnehmen, sogar im Kübel gedeihen und hauptsächlich vertikal wachsen, ist der sättigende und leckere Ertrag hier gar nicht so gering zu schätzen.
Eine Besonderheit zum Ausprobieren ist die Aussaat von Chicorée: Die Samen werden im Mai gelegt und wie Wurzelgemüse gepflegt. Im November rodet man die Wurzeln und dreht das Laub ab. Die bleichen, zarten Chicoréeknospen entstehen, indem man die Wurzeln portionsweise in einen Eimer dicht an dicht stellt und mit Erde bedeckt in einen dunklen, halbwarmen Raum stellt. Hier treiben die Wurzeln aus und liefern im Winter feinen Salat.
Setzen Sie noch einige Kopfkohl-Pflanzen, ein bis zwei Kürbisse und etwas Porree. Auch hierüber werden Sie sich im Herbst und Winter freuen. Das andere Wintergemüse kann noch etwas warten, aber vermerken Sie es schon mal im Aussaatkalender: Endivie sät man im Juli, und Anfang August folgen die Winter-Kopfsalate. Gefolgt von Feldsalat und Postelein Mitte bzw. Ende August, werden Sie in der kalten Jahreszeit bestens versorgt sein und dankbar an den hummelumschwirrten Tag im Mai zurückdenken.