Sobald Bäume und Gehölze ihre Blätter abgeworfen haben, kann man davon ausgehen, dass die Kraft sich ins Holz und in die Wurzel zurückgezogen hat. Jetzt können Sie mit dem Baumschnitt beginnen. Bevor Sie sich den einzelnen Bäumen zuwenden, stellen Sie sich einmal in Ruhe an einen Ort, von dem aus Sie den Überblick haben. Stehen die Gehölze schön angeordnet in Hecken und Gruppen oder an guten, luftigen Einzelplätzen? Haben die Bäume die letzten zwei Sommer gut überstanden? Arbeiten Sie sich vom Groben zum Feinen durch: Manchmal ist es viel praktischer, erst grob auszulichten und hoffnungslose Gewächse gleich zu entfernen, als um sie herumzuarbeiten und nach Lehrbuch einzelne Obstbäume zu formen. Vielleicht ist der Standort des bleibenden Baumes nach dem Aufräumen schon viel luftiger und heller als vorher, und das beeinflusst den weiteren Schnitt.

Schauen Sie sich jeden Baum erst einmal von Weitem an. Am wichtigsten für so eine große Pflanze ist die Statik: Das Gewicht der Äste, Zweige, Blätter und Früchte muss gleichmäßig verteilt und gut tragbar sein für den Baum, auch bei Wind. Da fällt gleich ein Pfirsichbaum auf, an dessen langen dünnen Zweigen jede Frucht zu einem fast schon zu schweren Gewicht würde. Solche Bäume muss man kompakt halten und genau hinschauen, bis auf welche gesunden Knospen sich die Triebe erst einmal rundherum einkürzen lassen, um wieder eine Kronenform herzustellen. Totes Holz können Sie komplett ausschneiden oder absägen. Stellen Sie mit scharfem Werkzeug saubere Schnitte her, denn Fransen und Holzspäne saugen Wasser und infizieren sich leicht mit Pilzen. Durch einen schönen Obstbaum soll man laut einer alten Gärtnerregel „einen Hut durchwerfen“ können. Zumindest möchte ein Kind auf den Ästen entlang klettern, ohne in Totholz, Wassertrieben und sonstigem Dickicht hängen zu bleiben. Ziel ist immer ein luftiger Kronenaufbau, damit alle Äste gut versorgt werden und überall im Baum ein gewisses Maß an Sonnenlicht ankommt. Schauen Sie den Baum während des Schneidens von verschiedenen Seiten an und bewahren Sie eine gute Balance. Wo Sie dickes Holz wegnehmen, achten Sie bitte auf Folgendes: Sägen Sie den Ast zuerst an der Unterseite ein Drittel ein. Wenn Sie danach den ganzen Ast durchsägen, ist die Gefahr gebannt, dass der Ast beim Fallen eine langgezogene Wunde in die bleibende Rinde reißt. Bei den kleineren Ästen und Zweigen angelangt, lassen Sie hauptsächlich die Triebe stehen, die schräg oder fast schon waagerecht stehen, und nicht die senkrechten Wassertriebe. Senkrechte Triebe bilden eher Blätter und schräge bis waagerechte eher Früchte.

Das abgeschnittene Holz sollten Sie möglichst im Garten lassen. Einigermaßen zerkleinert, damit man nicht drüber stolpert, dient es, in einer Benjeshecke zu Haufen geschichtet oder als Mulch unter größeren Pflanzen, kleinen Lebewesen als Zuhause und den Pflanzen als Humus und letztendlich als Dünger. Mit solchen kleinen Gesten, zu denen sich sehr ordentliche Gärtnerinnen und Gärtnern erst einmal überwinden müssen, laden wir viel Leben in unsere Gärten ein, und das kommt uns an anderer Stelle unverhofft zugute.